16.09.2018 – Sète nach Frontignan – Étang de Thau und Canal du Rhône à Sète – 9 km 2 Stunden
Nach dann doch wieder fast einer Woche Sète und unfreiwilliger Übernachtung zwischen zwei Hebebrücken – konzentriertes Lesen der Navigationsanweisungen hätte wieder mal geholfen – schaffen wir heute die restlichen drei Hebebrücken aus der Stadt hinaus und auf den Étang de Thau.
In Sète hatten wir am Vorabend am Quai Francois Maillol, wo wir für die Nacht anlegen mussten, noch einen Krieg mit den örtlichen Freizeitanglern angezettelt. Bei der Anfahrt des Quais, der explizit als Wartestelle zwischen den Hebebrücken dienen soll, half kein gutes Zusprechen, die Angler wollten ihre Plätze auch nach Minuten nicht räumen. Letztlich mussten wir physisch nachhelfen – unsere 20 Tonnen sind da durchaus ein gutes Argument. Lautes Gebrüll und hektisches Treiben an Land, zu einer weiteren physischen Auseinandersetzung kam es jedoch nicht. Sehr einsichtig sind die Angler dann am nächsten Morgen. Auf unseren Hinweis hin, wir laufen in 5 Minuten aus, werden sofort alle Angelleinen eingeholt. Geht doch.

Die Planung der Brückendurchfahrt in Sète ist durchaus trickreich, wenn man von Süd nach Nord fährt. Die Brücken öffnen nämlich nur zu festen Zeiten zweimal (Nord) bzw. dreimal (Süd) täglich. Hier unser Planungsfehler: Nutzt man die Brückenöffnung um 10:30 für die zwei südlichen Brücken, dann ist man de facto eine weitere Nacht in Sète gefangen, da die drei nördlichen Brücken bereits um 10:15 geöffnet haben und vor den südlichen wieder schließen. Erneute Öffnung Nord erfolgt erst wieder um 19:10 Uhr, und dann lohnt die Einfahrt in den Étang de Thau und Kanal nicht mehr, jedenfalls um diese Jahreszeit. Man müsste also bereits um 9:30 – erste Öffnung Süd – los. Die Öffnungszeiten zu den Hebebrücken in Sète und detaillierte Anweisungen zur telefonischen Anmeldung, Funkverkehr auf Kanal VHF 9 und Durchfahrtszeiten gibt es hier.


Den Étang de Thau, eine Lagune mit großer Austernzucht, befahren wir nur kurz auf der südlichen Route von Sète zur Einfahrt zum Canal du Rhône à Sète, obwohl hier mit den Städtchen Bouzigues, Mèze und Marseillan viel geboten wäre. Wir wollen nun ein bisschen Strecke machen und haben ja schließlich noch etwa 1.500 km nach Rotterdam vor uns. Ab 4 Windstärken sollte man mit dem Flussschiff nicht mehr auf den Étang fahren. Allerdings ist hier auch bei Windstille einiges geboten. Es gibt scheinbar keinerlei Geschwindigkeitsbegrenzung für Sportboote, und diese Flitzer schmeissen ordentliche Wellen aus.

Auf dem Canal du Rhône à Sète geht es dann mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von teils nur 4 km/h weiter. Die „Wegelagerer“ vom lediglich 9 km entfernten Frontignan halten uns dann etliche Zeit in ihrem schönen Städtchen fest, denn egal wie man die Brückendurchfahrt in Sète organisiert, die erste Brückenöffnung um 8:30 in Frontignan schafft man nicht. Man muss dort also über die Mittagszeit bis 16:00 zur zweiten Öffnung warten. Das schadet aber nicht, denn es ist schön hier, und wir beschließen spontan sogar, eine Nacht zu bleiben.
Frontignan ist ein sehr sehenswertes kleines Städtchen. Von der Umgebung sollte man sich nicht abschrecken lassen. Die Strecke auf dem Kanal ab dem Étang de Thau ist etwas trostlos. Einige versunkene und auch demnächst sinkende Boote säumen die Kanalufer. Viele Industrieanlagen, Silos und Bauruinen in platter Landschaft vervollständigen die ersten Eindrücke.


In Frontignan selbst gibt es gute Anlegeplätze mit moderner Ausstattung. Wasser und Strom (16 A) erhält man an modernen Zapfsäulen gegen Einwurf von Jetons, welche man an den aufgestellten Automaten gegen Kartenzahlung mit Pin erwerben kann. 5 KwH Strom bzw. 100 Liter Wasser gibt es für 2 Euro. Das ist fair. Die sauberen und gut gepflegten Anlegeplätze vor und nach der Hebebrücke grenzen unmittelbar an die Altstadt. Durchgangsverkehr und Wellenschlag gibt es quasi nicht, weil die Brücke ja fast ganztägig geschlossen ist. Lediglich die nahe Eisenbahnlinie verursacht ein wenig Lärm.

Eigentliche Sehenswürdigkeiten gibt es wenige, aber die Stadt hat eine angenehme Atmosphäre und eine tolle Bausubstanz. Die alte Wehrkirche Saint Paul im Norden der kleinen ringförmig errichteten Altstadt, teils mit Stadtmauer, und das daneben liegende Heimatkundemuseum wären zu nennen. Im Heimatkundemuseum interessant sind die Geschichten und Ausstellungsstücke zu vielen vor der Küste gesunkenen und durch Taucher erkundete Schiffe teils aus der Römerzeit. Auch über die Brüderschaft der Pénitents blancs, religiöse Gutmenschen mit Ku-Klux-Klan Mützen ab dem 16. Jahrhundert, lese ich hier zum ersten Mal.



Bei der letzten Brückenöffnung des Tages gegen 16:00 Uhr bricht der Sturm los und wir sind froh, bereits einen Liegeplatz zu haben. Etwa 20 Penichettes und weitere Mietboote kommen in Südrichtung in einem Schwall unter der Brücke hindurch. Die ersten in der Kolonne finden noch Liegeplätze, die dahinter müssen wohl oder übel weiterfahren. Wir werden erstmal von diversen Besatzungen befragt, wie der Münzautomat für Strom und Wasser funktioniert. Weil wir direkt davor festgemacht haben, unterstellt man uns Herrschaftswissen.
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