17.10.2018 – 25,5 km – 9 Schleusen – 7,25 Stunden
Ups. Durch das Burgund sind wir jetzt irgendwie durchgeflutscht. Ich hatte den festen Vorsatz, nochmal so richtig im Burgund-Käse zu schwelgen, aber schwuppdiwupp waren wir im Jura. Da gibt es natürlich auch megatollen Käse, aber es ist nicht dasselbe.
Dabei flutscht es auf der Fahrt von Saint-Jean-de-Losne aus erstmal gar nicht so richtig. Wir brechen auf, sobald es hell ist. Das Morgengassi verschieben wir auf später, denn an unserem Liegeplatz in der Alten Schleuse ist es extrem schwierig, mit den Hunden von Bord zu kommen.

Erster Halt: Die Bootstankstelle in Saint-Jean-de-Losne. Wir wollen vor der langen Kanalfahrt noch ein bisschen Diesel nachfüllen. Es ist eine SB-Tankstelle, und die Abgabemenge ist auf 90 Liter beschränkt. Danach heißt es, Zapfpistole wieder einhängen, Zahlungsvorgang abschließen, kurz warten, und dann das Ganze wieder von vorne. Nach einer halben Stunde haben wir 270 Liter getankt und keine Lust mehr. Ist eh sehr teuer hier!


Ich würde jetzt gerne am Stufenquai vor der Stadt festmachen, um mit den Hunden rauszugehen, aber Thomas hat auf der Karte einen Warteponton neben der ersten Schleuse entdeckt und findet das praktischer. Leider erspäht uns der Schleusenwärter schon, als wir auf den Ponton zuhalten, und öffnet gleich die Schleuse für uns. Nachdem wir hochgeschleust, mit dem hobbygärtnernden Schleusenwärter unsere verschiedenen Chili-Sorten durchdiskutiert, die Fernbedienung für die weiteren Kanalschleusen in Empfang genommen und endlich am Ponton hinter der Schleuse angelegt haben, hat Xabi schon in den Salon gepinkelt. Da kann der arme Kerl natürlich nichts dafür. Thomas bringt also mal wieder unseren tollen Nasssauger auf dem Salonteppich zum Einsatz, während ich mit den Jungs draußen bin.
Danach geht es weiter auf dem sehr schmalen Canal du Rhône au Rhin. Als wir auf die erste Brücke zufahren, fällt uns ein (super Planung mal wieder!), dass wir ja nicht nur den Mast legen, sondern auch die Persenning absenken müssen, um da durchzukommen. Das mit dem Mast kriegen wir noch gut hin. Wir haben schon vor geraumer Zeit eine Technik entwickelt, die defekten Spindelmotoren aus den Halterungen zu kicken und das Ding manuell zu kippen.

Bei der Persenning ist es so, dass die Spindelmotoren für die Absenkung vor der Abfahrt in Südfrankreich noch funktioniert haben. Die defekte Fernbedienung hat Thomas auch mühevollst notdürftig repariert. Aber als wir nun vor der Brücke dümpeln, geht zwar die Fernbedienung, jedoch an den Motoren rührt sich nichts. Großartig.
Nachdem die Persenning irgendwie runter muss, wenn wir nicht umdrehen und wieder aufs Mittelmeer fahren wollen, kraftmeiert Thomas fluchend auch diese Motoren aus den Halterungen. Sobald die Spannung raus ist, sinkt das ganze Persenning-Gestänge in sich zusammen, und wir sind unter schwarzem, schweren Polyestergewebe begraben. Da hilft nur eins: Cabrio. Wir machen alle Befestigungen auf und klappen das ganze Stoffzeugs nach hinten, wo wir es notdürftig zusammenraffen. Es gibt elegantere Methoden, die Persenning zu öffnen, aber wir haben gerade keine Zeit, die auszutüffteln. Die Bewegung an Deck ist jetzt etwas eingeschränkt, aber wir können jedenfalls weiterfahren.

Und es fährt sich gut mit offenem Verdeck, das muss man sagen. Einen ganz anderen Überblick hat man da gleich. Was mich nicht davon abhält, eine Beule ins Schiff zu fahren. Manche Schleusen füllen sich bis zum Rand, und dann verschwindet das Tor aus meinem Blickfeld. Deshalb kann ich nicht erkennen, dass bei der einen Schleuse auf beiden Seiten des Tors ein Mauervorsprung ist – anscheinend eine Besonderheit dieses Kanals, haben wir so noch nirgends gesehen. Jedenfalls bleibe ich ich mit der Scheuerleiste dran hängen und ärgere mich tierisch.

Danach gibt es bis Dole keine weiteren Vorkommnisse. Wir finden problemlos einen Platz in dem fast leeren Hafen, auch wenn die Finger des Stegs für uns eigentlich deutlich zu kurz sind. Direkt vor dem Anleger gibt es auch eine wunderbare Hundewiese, auf der wir die Bulldoggen bespaßen können.

Lisbeth entwickelt in Dole eine neue Phobie. Kennt Ihr diese Metallkeile, die Touristenstädte gerne mal in ihre Bürgersteine einlassen? Wir haben keine Ahnung, was die Dinger in Lisbeths Augen so bedrohlich macht, aber um die schlägt die sture Bulldogge jetzt konsequent einen Riesenbogen.

Dole selbst gefällt uns ausnehmend gut. Es ist eine von diesen französischen Städten, die einst von großer Bedeutung waren und dann zu Losern der Geschichte wurden. Hier war es Ludwig XIV., der 1677 Dole den Status als Hauptstadt der Franche-Comté entzog und diesen auf Besançon übertrug, und die Universität und die Münzwerkstätte wurden gleich mit umgesiedelt. Seit 1975 verliert die Stadt kontinuierlich an Einwohnern, aktuell liegt sie bei ungefähr 23.000. Entsprechend sieht man überall die verfallene Grandezza, und so etwas mögen wir ja gerne.












Am 18.10. treffen auch Rachel, Ray und ihr holländischer Freund Jean-Marie mit der Bandra ein und legen gegenüber von uns an. Jean-Marie ist Berufskapitän und Voreigner der Bandra und übt mit den beiden ein bisschen Bootfahren. Rachel serviert uns allen leckeres Bœuf Bourgignon und Apfelstrudel, und wir haben einen weiteren sehr netten Abend an Bord der Bandra.

Am nächsten Tag passiert etwas, von dem wir nicht wissen, ob es das Zeichen einer höheren Macht ist. Wir haben uns für unser Bergfest, also die Feier zur Hälfte unserer Strecke nach Rotterdam, eine Flasche Ayala Rosé gekauft. Thomas‘ Rechnung nach wäre das bei PK 28 auf dem Canal du Rhône au Rhin, kurz vor Mulhouse/Mühlhausen. Und so finden wir den Schampus bei unserer Rückkehr aufs Boot vor:

Was will uns der Ayala sagen? Trinkt mich jetzt, hier ist die Hälfte der Strecke, die ihr bis Weihnachten schaffen werdet? Trinkt mich jetzt, viel Gelegenheit werdet ihr nicht mehr haben? Wir lassen die Flasche zu, sie ist ja nicht mal kalt, grübeln aber seither ein wenig…
Hinsichtlich der Weiterfahrt fasse ich den Vorsatz, wenigstens nicht durchs Elsass durchzuflutschen, denn ich freue mich seit Wochen auf Choucroute Royale!
Tipps:
… im Hinblick auf Restaurants würden wir echt gerne geben. Leider haben wir bei dem angeblich äußerst famosen Japaner IIDA-YA (18 Rue Sergent Arney) keinen Tisch ergattern können. Im La Bucherie (14 Rue de la Sous-Préfecture) hatten wir zwar einen Tisch, bekamen aber kein Essen – jedenfalls war es innerhalb von 30 Minuten nicht möglich, eine Bestellung aufzugeben, nicht mal für Getränke, deswegen sind wir wieder gegangen.
Sehr schöne Bilder und gute lebhafte Texte. Vielen Dank!
Wir wollen mit einer Hardy20, 13 PS, 2 t, von Chalon nach Basel fahren. Könnte es sein, dass unsere Max 13 km/h gegen die Strömung nicht ausreichen? Danke für die Antwort.
Gruss Klaus
Vielen Dank für das nette Kompliment!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Strömung ein echtes Problem ist für euch – das meiste ist ja Kanal. Wenn ihr es nicht krass eilig habt…
Tolle Berichte, tolle Bilder. Machen Lust auf mehr.
LG Schorsch