2. bis 3. November 2018 – 49 Schleusen – 3 Hebebrücken – 54,5 km – 16 Stunden
Ab Montbéliard ist es vorbei mit der Freiheit. An Schleuse 8 sud müssen wir die Fernbedienung zurückgeben und können nur noch schleusen, wenn wir uns am Tag zuvor beim VNF telefonisch angemeldet haben. In diesem Fall müssen wir uns sogar zwei Tage vorher anmelden, weil wir am 2. November fahren wollen und am 1. November Feiertag ist.
Ich rufe also am Mittwoch unter der angegebenen Nummer an. Anrufbeantworter. Ich spreche mein Anliegen aufs Band. Nachdem ich nicht sicher bin, ob das zur Kenntnis genommen wurde, probiere ich es am Nachmittag nochmal. Ja, sagt der Schleusenbeauftragte, er habe das gehört, aber er könne nicht international anrufen, sonst hätte er das schon bestätigt. Er würde für Freitag das Nötige veranlassen.

Als wir am Freitagmorgen in die erste (noch automatisierte) Schleuse einfahren, ist schon eine Dame vom VNF zugange. Sie fährt den Kanal entlang mit dem Auto voraus, stellt zwischendrin versehentlich ein Schleusensignal auf zwei rote Lichter (dauerhaft außer Betrieb), nimmt uns bei Schleuse 8 die Fernbedienung ab, schleust uns hoch und verschwindet. Es läutet das Telefon – der Capitaine vom Hafen Mulhouse, bei dem wir einen Platz ab dem 3.11. gebucht haben. Warum wir uns denn nicht beim VNF für die Schleusen angemeldet hätten? Äh, haben wir doch, sage ich. Non, sagt er, man wüsste in der Zentrale nichts von uns, aber er würde sich drum kümmern.


In der nächsten Schleuse kommt dann auch wirklich ein Schleusenwärter, der uns weiter begleitet. Er bestätigt mir, dass der Kollege in der Zentrale das wohl versemmelt hat. Wir finden es echt toll und supernett, dass sich der Hafenmeister unaufgefordert der Sache angenommen hat. Angeblich muss man nämlich mit 24 Stunden Wartezeit rechnen, wenn man sich nicht rechtzeitig anmeldet.




Wir erreichen dann relativ zügig die Scheitelhaltung. Das ist mit 340 m über dem Meer der höchste Punkt unserer Reise, von da an geht’s nur noch bergab. Die fünf Kilometer lange Scheitelhaltung bietet allerdings ein paar Extraschikanen. Das rechte Ufer wird dieser Tage vom Unterholz befreit. Blöderweise landet dieses abrasierte Unterholz im Kanal. Am Anfang sind es vereinzelte Äste, später verdichtet sich das zu großen, stabilen Teppichen, die mitten in der Fahrrinne treiben. Wenn wir da einfach durchpflügen, kriegen wir das Zeug in die Schrauben, und nachdem bis zu armdicke Stämme dabei sind, ist das schlecht.

Thomas kniet am Bug und versucht, das schwimmende Gestrüpp mit dem Bootshaken beiseite zu schieben – mit dem Erfolg, dass der Bug abdreht, nicht aber das Gestrüpp. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als mit etwas Gas auf den Teppich zuzufahren und kurz davor auszukuppeln, sodass wir ohne drehende Schrauben durchgleiten. Das funktioniert ganz gut, auch wenn wir trotzdem ein bisschen Angst um unsere Schrauben haben.


Bergab geht es zügig über eine Schleusentreppe mit 14 Schleusen, und dann sind wir auch schon bald in Dannemarie, wo wir für die Nacht in dem recht netten Hafen festmachen. Dort machen wir die Bekanntschaft eines Bulldogs, der auch auf einem Boot lebt – der erste, seit wir unterwegs sind.

Am Morgen geht’s weiter Richtung Mulhouse. So ein eigener, höchstpersönlicher Schleusenwärter, der neben einem herfährt und die Schleusen vorbereitet, ist schon superpraktisch und beschleunigt die Schleuserei erheblich. Bei PK 13 haben wir den Punkt erreicht, den Thomas als die Hälfte der Strecke nach Rotterdam errechnet hat. Eigentlich müssten wir jetzt den (inzwischen kalten) Champagner aufmachen, aber es kommt ja gleich die nächste Schleuse. Das Bergfest muss also bis abends warten.
Man merkt jetzt deutlich, dass wir das Elsass erreicht haben. Die Orte tragen Namen wie Buethwiller oder Eglingen. Deutsch spricht trotzdem kaum jemand.
Vor und in Mülhausen gibt es nochmal ein paar Brücken, die von der Höhe her kritisch sind, aber es geht sich gerade so aus. Was uns bei der Einfahrt in die Stadt als erstes auffällt, sind die Nutrias. Davon wohnen anscheinend recht viele im Kanal, und das ist so gewollt, denn an mehreren Stellen sieht man Treppchen und sogar überdachte Plattformen für die knuffigen Nager.


Im Hafen von Mulhouse im Vieux Bassin erwartet uns bereits das supernette Hafenmeisterpaar. Wir müssen uns rückwärts in eine relativ knappe Lücke quetschen, denn die komfortable Stegaußenseite ist bereits besetzt – von den Holländern. Allerdings fahren die am nächsten Morgen ab, und wir dürfen umziehen.



Wir sind offiziell das letzte Boot, das aus Süden aus dem Kanal kommt. In ein paar Tagen macht er ja für den Rest des Jahres zu. Zwei Boote wurden wohl noch erwartet, aber bei dem derzeitigen Wasserstand hängen sie auf dem Kanal fest. Dumm gelaufen. Jetzt, wo wir in Mulhouse im Hafen angekommen sind, betrifft uns die Kanalschließung nicht mehr. Zwar haben wir noch 32 km auf dem Kanal vor uns, aber nur noch zwei Schleusen, und die bleiben ganzjährig in Betrieb.
Bei meinem ersten Ausgang mit Xabi brüllt mir plötzlich jemand hinterher: „Madame! Madame!“ Ich erkenne den Rufer zunächst nicht, aber es stellt sich heraus, dass es sich um den Bulldog-Besitzer von der schönen Peniche in Dannemarie handelt. Er wohnt im Winter direkt um die Ecke vom Hafen, und ich treffe ihn und seinen Bulldog ab da jeden Morgen beim Gassigehen. Man verzeihe mir den Gemeinplatz, aber: Die Welt ist klein.
Mülhausen gefällt uns gut und bekommt einen eigenen Beitrag.
Die Strecken im Einzelnen:
Montbéliard bis Dannemarie: 26 Schleusen – 1 Hebebrücke – 31,5 km – 8 Stunden
Dannemarie bis Mulhouse: 23 Schleusen – 2 Hebebrücken – 23 km – 8 Stunden
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