08.09.2018 – Gruissan nach Cap d’Agde und Hérault – circa 40 km, 5 Stunden
Irgendwann müssen wir weiter. Wir haben noch so viele Pläne mit der A.W.O.L. Heute, Samstag 8. September, verlassen wir nach 138 Tagen Gruissan. Eigentlich wollten wir hier nur einige wenige Tage bleiben. Es war einfach zu gut hier.

Etwa eine Stunde nach dem Auslaufen ist mir sehr nach einem Sprung ins türkisfarbene, klare Wasser – geplant und umgesetzt. Ich hätte der Temperaturanzeige der Instrumententafel glauben sollen, die uns eine Wassertemperatur von knapp 16 Grad mitteilt. Ich dachte halt, ist wieder kaputt, das Ding, kann nicht sein. Angefühlt hat sich diese Erfrischung dann wie das Anschwimmen in der Münchner Isar im Frühling. Erstaunlich kalt für Anfang September nur wenige Kilometer vor der Küste.
Heute soll es nach Agde gehen. Ich habe mir einen tollen Innenstadtanleger auf dem Hérault (PK7 – also etwa vier Kilometer flussaufwärts) ausgesucht, direkt vor der Kathedrale Saint Etienne, welche nachts in leuchtend bunten Farben bestrahlt sein soll. Dazu ein Restaurant am anderen. Ein toller Platz! Von hier aus soll es dann durch die Ecluse Ronde auf den Canal de Midi binnen weitergehen. Leider kommt es anders.

Die etwa 35 Kilometer auf dem Meer von Gruissan nach Flusseinfahrt Hérault und schließlich bis zur Kathedrale legen wir in etwa 4,5 Stunden zurück. Von Anleger ist hier jedoch keine Spur – auf Google Maps Satellitenfunktion war er noch da und im Guide Fluvial (Editions Du Breil) ist er auch ausgewiesen. An der Flussmauer könnten wir theoretisch an zwei Stellen, so die Hinweisschilder, für maximal zwei Stunden liegen, aber diese Plätze sind entweder belegt oder zu knapp für uns. Tatsächlich ergibt sich für unser 15-Meter-Boot auf dem Hérault bis Agde keine einzige Anlegemöglichkeit. Da zudem unser bugseitiger Seitenstrahler nicht will wie er soll, beschließen wir frustriert kehrtzumachen, den Hérault wieder runter und nach Cap d’Agde in den Seehafen zu fahren. Vor dem Übergang von Meer nach Binnen wollen wir definitiv den Bug-Seitenstrahler in Ordnung bringen. 45 Minuten später sind wir in Cap d’Agde am Gästesteg.
Dieser Gästesteg im Vorhafen nahe der Einfahrt, an den wir aufgrund des Bulldoggen-Dramas vom Mai nicht die besten Erinnerungen haben, dürfte eine der wackeligsten Angelegenheiten nach Ankern in ungeschützter Bucht sein. Eine krasse Schaukelei ist das und nichts für längere Aufenthalte, leider aber die einzige schönere Ecke dieses großen Freizeithafens. Wir sind besorgt, dass die Hunde kotzen. Die Capitainerie bietet uns einen alternativen Anleger im Innenhafen an und schenkt uns dazu noch eine Flasche Roséwein – vielleicht in der Hoffnung, dass man die Schaukelei dann nicht auf die durch den Vorhafen heizenden Jetskis zurückführt… Da der Gästesteg jedoch nahe am alten Fischereihafen mit Bouleplatz, Fischverkauf vom Boot, Strand und netten Restaurants gelegen ist, bleiben wir und nehmen die Schaukelei in Kauf.

Gleich nach Ankunft sehe ich mir den Seitenstrahler mit Kamera und Schnorchelequipment an. Leider ist der Propeller hier, wie auch die Antriebspropeller am Heck, dick mit Bewuchs, vor allem Seepocken, belegt. Am nächsten Morgen hacke ich dann vor interessiertem internationalen Publikum mit einem Spachtel den Bewuchs vom Propeller des Bugstrahlers ab. Das hilft sehr, und der Bugstrahler läuft wieder halbwegs. Da müssen wir vor unserer langen Fahrt Richtung Norden aber nochmal ran.

Agde fahren wir dann mit dem Taxi an. Die Altstadt ist klasse und lässt sich gut inklusive Kaffeepause in zwei Stunden erkunden. Die Erdgeschosse der Jahrhunderte alten Gebäude sind meist bewohnt, die Türen stehen offen und Tische sowie weiteres Mobiliar werden rausgestellt – die Plätze der Altstadt werden zu verlängerten Wohnzimmern. Das wirkt sehr aufgeschlossen und einladend. Viele der alten herrschaftlichen Gebäude, wie auch die Kathedrale, wurden aus dem schwarzen Vulkangestein des Stadtberges (Mont Saint Loup – ein erloschener Vulkan) errichtet. Den etwa 500 Meter weiten Abstecher zur Ecluse Ronde des Kanal du Midi im Norden von Agde kann man, muss man aber nicht unternehmen. Dort liegt dann auch eine Canalous Bootsmietstation, und auf dem Weg dorthin sollte man sich das Chateau Laurens direkt am Stauwehr des Hérault – derzeit in Renovierung – nicht entgehen lassen.




Tipps:
Agde Taxi steht 24/7 zur Verfügung und fährt zu realistischen Preisen auch kurzfristig. Eine Fahrt von der Capitainerie Cap d’Agde zur Kathedrale nach Agde kostet am Sonntag circa 22 Euro. Telefon: 06 82 56 70 75
Das Restaurant La Marina auf einem Ponton auf dem Fluss Hérault vor der Kathedrale in Agde serviert für 12 Euro die besten Moules Frites, welche wir bisher in Frankreich hatten. Die Karte sieht auch im Übrigen gut aus. Die Preise sind vernünftig und der Service sehr gut. 26 rue André Chassefieres, 34300 Agde, Telefon 06 81 77 49 55
Tolle Tapas, einen super Ausblick und leckeren lokalen Wein ebenfalls mit gutem Preis-Leistungsverhältnis gibt es im Au Bout du Quai, direkt am alten Hafenbecken, 2 Rue de la Capitainerie, 34300 Cap d’Agde, Telefon 04 67 77 01 40
Täglicher Fischverkauf am alten Hafenbecken
Das kleine Restaurant Le Bretagne am alten Hafen serviert tolle Crêpes und Gallettes. Ein alter Seebär mit großem Schnurrbart und Tabakpfeife empfängt, kocht und serviert hier. Leider etwas unseriös bei den Getränken: Für Frankreich unüblich werden hier sehr hohe Aufschläge auf den Einkaufspreis von Wein berechnet. 19 Rue de l’Estacade, Telefon 09 53 94 60 84
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