25. Juni 2019: Von Plaue nach Brandenburg – 15 Kilometer – 3 Stunden
Wir brechen bereits um acht Uhr früh auf, um die Hunde nicht nochmal dem knochenbrecherischen Steg in der Marina in Plaue auszusetzen, aber auch, um der großen Hitze heute zu entgehen. Wir fahren erst mal nur 200 Meter weiter und machen zwecks Gassi vor dem Schloss Plaue an einem Wasserwanderrastplatz fest (WWRP Plaue Bornufer). Hier hätten wir gleich gestern Abend bleiben sollen. Der Liegeplatz befindet sich fast direkt vor dem Schloss Plaue an einem Biergarten. Das wäre es gewesen. „Wäre wäre Fahradkette“, um hier einen bekannten Ex-Nationalspieler zu zitieren.




Wir haben es nicht eilig. Lediglich 15 Kilometer Fahrt stehen an nach Brandenburg an der Havel. Der Wetterbericht kündigt für heute 35 Grad und im Wochenverlauf bis 39 Grad an. In Brandenburg hoffen wir auf stabile Stromversorgung für die Hundeklimaanlage. In Schrittgeschwindigkeit tuckern wir über den Plauer See und den Breitlingsee zur Brandenburger Niederhavel und freuen uns, dass wir hier sein können.


Die Fahrt über die Brandenburger Niederhavel anstatt den nördlich verlaufenden Silokanal war eine gute Idee. Unsere Freundin Andrea meint nach Sichtung der verschickten Bilder, „wie im Pantanal“, und sie hat recht. Es ist wunderschön hier.



25. bis 30. Juni 2019: Brandenburg a.d. Havel
Unseren Liegeplatz am Anleger „Werft“ vor einem großen ehemaligen Werftgebäude, heute ein Restaurant, hatten wir bereits vor einigen Tagen reserviert. Dort gibt es lediglich 3 Anleger für Boote unserer Größe. Google Earth hat uns nicht getäuscht. Der Platz ist wunderbar. Barbara meint gar, das sei der beste Platz, seit wir in Rotterdam losgefahren sind.
Zwei Nachteile hat der Platz allerdings: Erstens müssen wir rückwärts anlegen und über die Badeplattform aus- und einsteigen, was mit den Bulldoggen immer sehr mühsam ist. Zweitens hält sich so gut wie niemand an das verkehrsrechtliche Gebot, Sog- und Wellenschlag zu vermeiden. Vor allem am Wochenende ist der Schwell massiv!
Das Städtchen Brandenburg an der Havel ist supersympathisch. In Laufweite zum Liegeplatz befinden sich ein toller Barber, ein Süßwarengeschäft, das verboten werden sollte, diverse Supermärkte, eine Eisdiele direkt beim Boot und ein Hundebadestrand.



Beim Schleusen haben wir vor einigen Tagen ein nettes holländisches Paar kennengelernt. Als ich deren Boot, einen Kat ohne Mast, gegenüber am Salzhofufer liegen sehe, radle ich rüber. Ich lade Jaap und Yvonne zu einem Bier aufs Boot ein, und wir tauschen uns ein wenig zu unseren Törn-Erfahrungen aus.
In der ganzen Stadt verteilt findet man Waldmöpse, diese Tiere aus dem famosen Loriot Sketch. Auf der Website der Stadt kann man erfahren, dass die ersten Waldmöpse im Humboldthain am Salzhofufer ausgewildert wurden, sich nun vermehren wie die Karnickel und schon in diversen Stadtvierteln gesichtet wurden. Sowohl Xabi als auch Herr Schmidt erkennen erst beim Poposchnüffeln, dass es sich nicht um lebende Waldmöpse handelt.

Am Donnerstag besucht uns unsere Tochter aus Berlin und bleibt über Nacht. Wir freuen uns sehr. Es gibt Radtour, Schwimmen am Sandstrand, den ich vor zwei Tagen entdeckt habe, und griechischen Salat, Bier und Wein zum Abendessen. Es wird viel gequatscht. Zusammen besuchen wir das Slawendorf und sind nur mäßig begeistert.

Neben uns legt ein großes Charterboot an. Auf dem Oberdeck befindet sich ein Whirlpool, zudem eine große Zapfanlage nebst Profigrill. Das Gebrüll der 14 Männer im besten Alter, die sich hier gerade richtig locker machen, hört man schon lange, bevor das Boot um die Flussbiegung kommt. Wir sind in diesem Moment froh, dass unsere Tochter bereits abgereist ist. Das Anlegemanöver der glorreichen 14 dauert 20 Minuten und verursacht uns Schmerzen beim Zusehen. Parallel hierzu werden 28 Biere gezapft, frauen- und schwulenfeindliche Sprüche gekloppt, und es wird gesungen, vorwiegend Schlager.
Wir wünschen uns, diese Truppe aus Duisburg hätte nicht backbord, sondern steuerbord – oder eben gar nicht – neben uns angelegt. Der Auslass ihrer Bordtoilette liegt über dem Wasserspiegel, knallt uns bei jedem Spülvorgang eine Ladung Urin seitlich an die Bootswand und riecht nach 14 Burschen. Bei diesem Bierkonsum wird hier noch die eine oder andere Spülung stattfinden. Aus Rache frage ich: „Ihr seid dann wahrscheinlich alle VfL-Fans?“ „MSV!“, kommt entrüstet zurück, dann unsicheres Gelächter.


Abends wird gegrillt. Wir haben endlich eine Packung der gehypten Veggieburger von Beyond Meat ergattert. Ich wage mich außerdem an einen Insektenburger von Bold Foods aus „artgerecht gezüchteten human grade feed“ Buffalowürmern (Alphitobius diaperinus) mit Tex-Mex Würzung und werde nicht enttäuscht.


Tags darauf legt eine weitere Männerrunde mit gecharterter Jetten Yacht neben uns an. Die Herren sind in deutlich fortgeschrittenem Alter, Marke pensionierte Wirtschaftsprüfer. Man pinkelt uns zwar nicht gegen die Bordwand. Auch wird nicht gesungen. Wir fragen uns allerdings, weshalb das Boot direkt neben uns anlegen muss, wo doch alles frei ist. Ich nehme nach Aufforderung kommentarlos mein Rad weg und verschiebe das Beiboot, damit Platz ist für die Herren. Kurz darauf schiebt sich auf der anderen Seite ein Boot mit zehn Kerlen um die Dreißig in die benachbarte Box. Was zum Teufel ist hier los?
Ich bin begeistert vom Industriemuseum in Brandenburg. Mit dem Rad bin ich in gerade mal 15 Minuten dort. Das Museum ist in einer ehemaligen Stahlfabrik untergebracht. Hier kann man in einer über dreissig Meter hohen Halle noch einen gigantischen Siemens Stahlschmelzofen, einen sogenannten Siemens-Martin-Ofen bewundern. Es wird gerade die Bühne für eine Abendveranstaltung aufgebaut. Tolles Setting.





Nach Sonnenuntergang bei immer noch deutlich über 30 Grad setze ich mich an Deck und genieße das kalte Bier. Es kommt ein junger Brandenburger vorbei, dem die Größe unseres Bootes nicht zusagt. Ich vernehme: „Was für Fotzenspießer hier rumhängen, ey, ich hasse Fotzenspießer“. Ich hab den Begriff noch nie gehört, denke aber, er meint, ich sei ein Spießer, und das wollte er stark betonen. Sein Freund fügt hinzu: „Ey Alda, der war heut beim Barber“. Das ist korrekt. Ich habe heute das große Programm inklusive Haar- und Bartschnitt, Waxing von Ohren, Stirn und Nase beim Barber absolviert und fühle mich sehr gepflegt.

Tipps:
Brückencafé am Heineufer mit lecker Eis im Brückenbogen der Jahrtausendbrücke, Hauptstraße 80, 14776 Brandenburg a.d. Havel www.brueckencafe-am-heineufer.de
Cut n’Shave Barbershop, Hauptstraße 48, 14776 Brandenburg a.d. Havel www.cut-n-shave-barbershop.de
Süßwaren bei Chocolata, Hauptstraße 6, 14776 Brandenburg a.d. Havel
Industriemuseum Brandenburg an der Havel, August-Sonntag-str. 5, 14770 Brandenburg a.d. Havel www.industriemuseum-brandenburg.de/index6.htm
Sandstrand am Grillendamm, kleiner Beetzsee
Fahrradladen Bikedog in der Bäckerstraße 38, 14770 Brandenburg a.d. Havel, repariert spontan und hat richtig Ahnung www.bikedog.de
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