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Spannender Trip von Tholen (Niederlande) über Antwerpen nach Rupelmonde (Belgien)

16.09.2017 – Über gesperrte Schleusen, fehlende Registrierung, Gegenströmung, Tidenhub und Häfen ohne Wasser

Acht Stunden sind wir unterwegs für 74 Kilometer

Deutlich länger als geplant ist der heutige Trip von Tholen in den Niederlanden über Antwerpen nach Rupelmonde in Belgien. Das hat hier auch nichts mehr mit genüsslicher Freizeitschifffahrt zu tun, und ein wenig mehr Erfahrung und Vorbereitung würden uns guttun. Wir werden heute eine Menge lernen.

Morgens fahren wir in Tholen los. Das liegt noch auf der Schelde-Rijnverbinding etwa 15 km vor der belgischen Grenze. An der Kreekrak Sluis, einer Großschifffahrtsschleuse etwa 8 km südlich von Tholen, sollte man Zeit mitbringen. Zwar ist die Schleuse 24 Stunden in Betrieb, jedoch darf man als Sportboot nur zusammen mit der Berufsschifffahrt schleusen. Insgesamt kostet uns die Schleusung circa eine Stunde. Wir sind allerdings auch am Samstag dort und müssen einige Zeit auf Berufsschiffe warten, damit die Schleuse überhaupt in Betrieb gesetzt wird.

Kreekrak Schleuse

In Antwerpen kann man entweder vor dem Hafen durch eine Großschifffahrtsschleuse in die Schelde ausfahren, oder man kann einmal komplett durch den Hafen schippern und direkt vor der Altstadt über die Royerssluis in die Schelde einbiegen. Wir sind große Fans von Hafenrundfahrten und entscheiden uns für Letzteres. Das wäre übrigens auch der Weg, wenn man in Antwerpens Stadthafen anlegen wollte. Dafür haben wir leider keine Zeit, weil auf unserer Strecke zum Mittelmeer in Frankreich saisonale Schleusenschließungen drohen.

Wir erkunden also den riesigen Hafen. Man kann dort de facto einfach in alle Hafenbecken reinfahren, auch wenn das für die Sportschifffahrt offiziell nicht gewollt ist. Eine derartige Ansammlung von Großschiffen, Marine und Hafenanlagen sieht man auch nicht alle Tage. Sehr beeindruckend! Als wir das Südende des Hafens und die Royerssluis erreichen, stellen wir überrascht fest, dass diese außer Betrieb ist. Wir halten per Funk Rücksprache mit der Hafenbehörde, und uns wird aufgetragen, umzukehren und eine der beiden nebeneinander liegenden Großschifffahrtsschleusen (Bodewijn– oder Van Cauwelartsluis) zu benutzen. Das bedeutet mehrere Kilometer und etwa eine halbe Stunde wieder Richtung Norden zu schippern – der Hafen ist gigantisch.

Statt der offiziellen Hafenrundfahrt in Antwerpen kann man auch mit dem eigenen Schiff herumfahren
Mehr bekommt man auf einer offiziellen Hafenrundfahrt auch nicht zu sehen
Im Hafen von Antwerpen liegt auch eine Flotte der belgischen Marine
Belgische Marine im Hafen von Antwerpen
Zaha Hadid hat das Porthouse in Antwerpen entworfen
Hinten das neue Gebäude der Hafenbehörde von Zaha Hadid

An der Hafenausfahrt Antwerpen, der Bodewijnsluis selbst, werden wir nach unserer FD-Nummer gefragt. Hä? FD-Nummer? Nie gehört. Wir geben versuchsweise unser Bootskennzeichen durch. Das ist aber offenbar nicht das, was sie wissen wollen. Es stellt sich heraus, dass die FD-Nummer eine hafeninterne Identifizierungsnummer für das Boot ist. Diese muss man sich vor Einfahrt in den Hafen zuteilen lassen, und zwar genau an der Kreekrak-Schleuse, wo wir ohnehin so lange warten mussten. Dort hätte man uns sicher auch informiert, dass die Royerssluis außer Betrieb ist… Ohne FD-Nummer wird jedenfalls nicht geschleust.

Damit wir nicht wieder den ganzen Weg zurückfahren müssen, erfasst das freundliche Schleusenpersonal mit uns über Funk die Anmeldedaten der A.W.O.L. (was die alles wissen wollen!), füllt den Antrag aus und bringt uns die zugeteilte FD-Nummer auch noch persönlich per Fahrrad ins Schleusenbecken. Klasse Service. Aber die sind wohl auch froh, uns wieder loszubekommen. In der Zwischenzeit liegt der Schleusenbetrieb still, und das Seeschiff vor uns wartet geduldig auf die Anfänger von der A.W.O.L. Das ist allerdings die absolute Ausnahme und wohl nur am Wochenende möglich! Sehr zu empfehlen ist eine Beantragung der FD-Nummer vorab, was auch online bei den Hafenbehörden Antwerpen geht – gute Erklärung und Link bei waterrecreatie.be in den FAQs.

In der Bodewijnsluis zusammen mit einem riesigen Seeschiff
Zum ersten Mal mit einem Seeschiff in der Schleuse

Kampf gegen ablaufendes Wasser

Nach Ausfahrt aus dem Hafen und bei Einfahrt in die Beneden Zeeschelde, welche dann später in die Boven Zeeschelde übergeht, überrascht uns gleich mal der Tidenhub. Bei Lichte betrachtet jedoch, was haben wir erwartet? Wir befinden uns fast im Ärmelkanal. Hätten wir die Karte genauer angeguckt, hätten wir gesehen, dass es keine Schleuse zwischen der Schelde und dem offenen Meer gibt. Bei Antwerpen beträgt der Tidenhub fast sechs Meter! So müssen wir etwa drei Stunden vor Niedrigwasser gegen die Gezeitenströmung bergwärts fahren. Die Strömung ist erheblich und liegt bei 4 bis 5 Kmh. Wir müssen über Stunden mit dem Motor hochtourig gehen, um vernünftig vom Fleck zu kommen.

Wir hatten gehofft, in einem der Antwerpener Yachthäfen auf der Schelde übernachten zu können, zum Beispiel im K. Liberty YC. Die auf der Karte eingezeichnete Hafeneinfahrt ist jedoch nirgends zu sehen – bis unsere Blicke die verschlammten Ufer hochwandern und wir weit oben ein Schleusentor erkennen. Die Hafeneinfahrt ist trockengefallen. Der Yachthafen kann natürlich nur bei Hochwasser angelaufen werden! Der freundliche Hafenmeister bietet uns an, kurz nach Mitternacht die Einfahrtsschleuse zu öffnen, was wir jedoch ablehnen, denn wir wollen hier keine sechs Stunden im Fluss ankern.

Wir kämpfen uns also weiter stromaufwärts. Diese Strecke sollte man unbedingt besser planen und nur bei auflaufender Flut befahren. Auf das sehr rudimentäre Kartenmaterial Fluviacarte Nr. 23 sollte man sich nicht verlassen, denn dort markierte Anlegestellen sind teils gar nicht existent.

Über lange Strecke kommen keine Steiger auf der Zeeschelde, an denen man bei diesem Tidenhub überhaupt anlegen könnte. Man benötigt ja tatsächlich einen Schwimmsteiger oder wenigstens einen Anleger mit Schwimmpollern, weil man ansonsten die fünf  Meter Tidenhub nicht ausgeglichen bekommt, ohne die gesamte Nacht über immer wieder die Befestigungsleinen zu adjustieren. Außerdem wäre es auch gut, wenn wir mit den Hunden irgendwie an Land kämen.

Steiger Kruibeke (ca 8 km nach Liberty YC) ist für unser Boot (15 m) zu klein. Schließlich finden wir in Rupelmonde, weitere 6 km später und nicht arg weit vor Einbruch der Dämmerung, eine sehr angenehme Anlegestelle. Hier kann man sowohl am Tolerant Steiger anlegen als auch an einem weiteren, direkt dahinterliegenden. Tolerant hat keine sanitären Einrichtungen, aber Strom (16 A) und Wasser – mit EUR 1,50 pro Bootsmeter nicht gerade günstig, und der Havenmeester feilscht um jeden Zentimeter Länge über Alles und packt auch das Maßband aus. Die Nummer des Hafenmeisters hängt am Steiger aus. Der Liegeplatz ist erstaunlich ruhig, möglicherweise aufgrund des Wochenendes.

Der Tolerant Steg in Rupelmonde bietet Gästeplätze
Endlich ein Steg, der den Tidenhub ausgleicht!

In Rupelmonde erkunde ich noch ein wenig den Ort per Rad. Ein nettes kleines Städtchen offenbart sich inklusive kleiner Altstadt mit schönem Stadtturm.

Rupelmonde ist ein netter kleiner Ort mit toller, aber etwas heruntergekommener Bausubstanz
Der Graventoren in Rupelmonde
Published inRouten

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