Seit Juni vergangenen Jahres liegen wir an Ort und Stelle auf unserem tollen Liegeplatz am Quai de Cers im Port de Gruissan. Die AWOL ist zwischenzeitlich zum Domizil für unzählige Meereslebewesen geworden. Peu à peu wird das Boot zum Riff, wird hier festwachsen. Damit uns nicht dasselbe passiert, unternehmen wir regelmäßig Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung von Gruissan.
Von einem ganz außerordentlich schönen Trip nach Girona in Katalonien möchte ich berichten. Der Papa war mit Lisbeth einige Tage in Katalonien. Spanien ist nah. Nach Girona sind es nur 170km und eineinhalb Stunden mit dem Auto, die sich sehr gelohnt haben.
Das kurzfristig gebuchte Hotel Utonia an der Carrer Artillers zwischen Riu Onyar und Parc de la Devesa erwies sich als guter Griff. Es ist nicht das schönste Haus, bietet nicht das beste Frühstück und verfügt auch nicht über die leisesten Zimmer. Ab spätestens 9 Uhr bis mindestens 4 Uhr nachmittags übernimmt die Putzkolonne das Regime, und es fühlt und hört sich an, als würde eine Kernsanierung stattfinden. Dennoch – LAGE LAGE LAGE ist die Devise. Altstadt und Park vor der Tür, Sushi-Bar im Haus und leckere Pizzeria gegenüber. Außerdem eine unschlagbare Dachterrasse mit Bar und eine Tiefgarage, welche aufgrund integrierter mittelalterlicher Mauerreste mit viel Rangieren gerade noch so mit dem geliebten Landcruiser befahrbar war.

Zielstrebig lande ich am Abend der Ankunft gleich in meiner Lieblingsbar, B-12 unter den Arkaden am Placa del Vi. Die Bar hat 80 Biersorten zur Auswahl, bio und vegan. Ich bestell mir auf nüchternen Magen ein Pint IPA, weil es mir schmeckt, und dann noch eins. Das geht sehr gut los, finde ich. Leicht berauscht gehe ich ins Hotel zurück und gönne mir ein Bier auf der Dachterrasse, genieße den Blick auf die Altstadt. Ich bin happy hier zu sein. Mit Sushi und einer Flasche köstlichem Verdejo verbringen Lisbeth und ich den Rest des Abends im Bett mit Netflix, die letzten Folgen Inventing Anna müssen noch abgearbeitet werden. Ich schlafe tief und lang.

Geweckt werde ich am nächsten Morgen durch Hundeschnauze. Vom Hotel zum Parc de la Devesa, einem Platanenwald mitsamt öffentlichem Hundeübungsplatz (Parque Canino) und vielen Arschnuffelgefährten, sind es gerade einmal drei Minuten zu Fuß. Das weiß Lisbeth noch vom Vorabend. Lisbeth hat es nach vielen Anläufen geschafft, die 20cm-Stange im Parcours zu überspringen. Mehr wollten wir nicht riskieren. Bei Ankunft im Parque wurden wir stürmisch von allen anwesenden Vierbeinern, es werden an die 20 gewesen sein, begrüßt. Auch die Herrchen und Frauchen kommen zum Gespräch herbeigeeilt, und ich habe das Gefühl, dass sich hier nicht nur die Vierbeiner gerne näher kennenlernen.




Einen Fuß in die Altstadt gesetzt, und ich war gefangen von den Eindrücken und der Atmosphäre dieser fantastischen Stadt. Ein großer mittelalterliche Stadtkern, Barri Vel, begrenzt im Osten durch eine lange begehbare Festungsmauer und im Westen durch den Riu Onyar.


Die etwa einstündige Wanderung auf der Festungsmauer aus dem 9. Jahrhundert habe ich mir nicht nehmen lassen. Als Einstieg in die Stadtbesichtigung war das ideal, weil guter Überblick. An der Carrer de Santa Llúcia direkt nordöstlich vom Archäologischen Museum (Sant Pere de Galligants) gibt es einen guten Aufstieg zum Nordteil der Festungsmauer (Muralla de Girona – sector nord) und von da oben Hammer-Fotomotive, vor allem zum Sonnenuntergang. Hier arbeite ich einige Motive für mein Stock Footage Portfolio ab.

Die Verbindung zum Hauptabschnitt etwas weiter südlich ist unterbrochen. Den Zugang habe ich nach einigem Suchen etwas versteckt beim Parc de la Gironella gefunden. Auf diesem langen Mauerabschnitt kann man bis ans südliche Ende der Altstadt laufen und kommt am Placa de Catalunya raus.


Je länger ich mich auf und ab über unzählige Stufen der Altstadt kämpfe, desto öfter denke ich an Game of Thrones und wie ideal diese Stadt als Drehort gewesen wäre. Eine kurze Recherche ergibt, tatsächlich wurde hier ein Teil der sechsten Staffel abgedreht. In Bayern schneit es, schreibt mir Barbara. Ich schreibe ihr „Winter is coming“ und freue mich über meine Originalität.



Was mir außerdem verdammt gut gefallen hat hier: das Museum zur Geschichte des Judentums in Girona (Museu d’Historia dels Jueus) sowie das alte Judenviertel in der Altstadt (El Call de Girona). Kirchenmäßig: Die Basilica Sant Feliu fand ich hübscher als die monströse Kathedrale Santa Maria, auch wenn letztere das breiteste Kirchenschiff der Welt hat – Größe ist nicht alles, Leute!


Toll fand ich, dass man sich die angefutterten Kalorien auch gleich wieder abarbeiten kann. 1000 Stufen kann man hier schon einkalkulieren für eine Altstadtbesichtigung. Die Kalorien hab ich mir ohne Reue etwa bei La Bombonera Gelateria (Dulce de Leche Eis!) am Placa de la Independencia abgeholt. Gefolgt von einem Espresso in einem Cafe am Placa ein Must! Ich kann nun auch schon fließend Català und sage „un espresso si us plau“. Ich bekomme tatsächlich einen Espresso und bin mächtig stolz.


Oder hier: Sehr angetan war ich vom Restaurant München (Carrer de Pedret 136, etwas nördlich vom Stadtkern am Riu Ter), heißt wirklich so, man spricht nicht deutsch und Weißwürscht gibt’s auch nicht, dafür aber fantastische katalonische Küche und Hammerweine – heisst München, weil die Möbel im Lokal aus München kommen, erklärt mir die Chefin. Auch das Restaurant Tofu (Avinguda de Ramon Folch 13 jenseits des Riu Onyar) ist sehr toll mit Mittagsmenü, wahlweise auch vegetarisch, für circa 15 EUR. Für Käse muss man ins Cal Formatger (Carrer de la Cort Reial 12 im Barri Vel) – große Auswahl katalonischer Käsesorten. Für Feinkost geht’s ins Món Gourmet (Carrer d’Abeuradors). Tolles dunkles Brot gibt’s im Pa Negre (Carrer Bonaventura Carreras I Peralta). Natürlich auch wichtig weil geil, der Mercat del Lleó, die Markthalle von Girona südlich vom Placa de Catalunya.
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