Von Bad Essen nach Minden auf dem Mittellandkanal – 36 km – 3,5 h
Unsere übliche Aufbruchzeit an einem Reisetag liegt im Sommer zwischen neun und zehn Uhr morgens. Aufgestanden wird zwischen sieben und halb acht. Das lässt uns Zeit für die notwendigen morgendlichen Aktivitäten: Zwei Kaffee (vorher geht gar nix), Katzenwäsche, Wetterbericht auf wetteronline.de, Wasserstände, Infos zu Vorkommnissen auf unserer Strecke in den Nachrichten für die Binnenschifffahrt auf elwis.de, Gewässerkarte mit Wassertiefen, Gefahrenstellen und Durchfahrtshöhen studieren und mögliche Liegeplätze auf Google Maps prüfen, eMails checken, mit den Hunden raus (Lisbeth erwartet morgens Spiel und Spaß) und dieselben füttern. Außerdem gibt es jeden Morgen unseren allgemeinen Boots-Check: Maschinen- und Getriebeöl, Wellenschmierung, Diesel, Kühlmittel, Wasser oder Sonstiges in der Bilge, Seewasserfilter, Ladestand der Batterien, Keilriemen. Dann wird aufgeräumt und alles wellensicher verstaut, das Stromkabel eingeholt, die Motoren gestartet, Leinen los und ab geht’s.
Unser Ziel heute ist Minden. Den Namen der Stadt haben wir schon oft gehört, jedoch keinerlei Vorstellung, was uns hier erwartet. Zunächst müssen wir jedoch 36 Kilometer auf dem überwiegend sehr drögen Mittellandkanal runterreissen.


Wir freuen uns hier über jede noch so kleine Abwechslung. Etwa die Spannung darüber, ob wir unter den Flut-Toren wirklich durchpassen. Die sehen so niedrig aus. Rasiert es uns dieses Mal den Sat-Dome ab? Wir freuen uns über Industrieanlagen und schöne Schiffe, welchen wir begegnen.






Bei Kilometer 97 auf dem Mittellandkanal kommen wir nach dreieinhalb Stunden am Sportboothafen des MSC Minden an. Sieht nett aus. Aber was ist das für eine Zwergen-Einfahrt ins Hafenbecken?!? Wir werden wohl irgendwie durchpassen. Wir haben unsere Breite bei der Reservierung ja angegeben. Als wir dicht vor der Einfahrt stehen und uns Gedanken zu Ausfenderung und Anfahrtswinkel machen, kommt ein großes volles Tankschiff daher und drückt mit der Bugwelle und einer Verdrängung von über 1500 Tonnen das Wasser in den Hafen. Das ist nun echt unglücklich. Wir werden reingeschoben, und das Zeitfenster für weitere Vorbereitungen ist geschlossen.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Der Hafenmeister steht auf dem Steg und schwenkt die Arme. Ich meine zu hören: „Nicht reinfahren jetzt“. Wir haben aber keine Wahl. Das wäre wie im Rückwärtsgang die Isar rauf. Das leisten unsere Motoren nicht. Wir versuchen also die Mitte zu treffen und schaffen es. Barbara kämpft dann noch einige Minuten gegen die Strömungswirbel im Hafenbecken – das Wasser will jetzt wieder aus dem Hafen raus. Etwas angestrengt erreichen wir den Steg und machen schnell fest. Barbara sagt, sie wolle nun drei Tage nicht mehr Boot fahren.



Dass nicht nur wir mit dieser Einfahrt Probleme haben, beruhigt uns wieder. Ein Segler rasiert eben bei der Ausfahrt die grüne Laterne ab, ohne dass ein Schiff vorbeigekommen wäre, und kehrt kurz darauf zum Zweck der Schadenregulierung wieder zurück. Der Hafenmeister erläutert mir später, dass man keinesfalls in den Hafen einfahren soll, wenn ein Schiff vorbeifährt, das sei sehr gefährlich, aber meine Frau habe das sehr gut gemacht.
Der Hafen gefällt uns ausnehmend gut. Es gibt ein Hafenrestaurant mit Matjes und Bratkartoffeln, außerdem Seerosen und Auslauf für die Hunde. Unser Liegeplatz ist toll mit Blick auf den vorbeiziehenden Schiffsverkehr. Wir bleiben drei Nächte, um den Stress bei der Hafeneinfahrt zu verdauen.
Etwas enttäuscht sind wir von der Stadt Minden. Die Stadt hat, so finden wir, keinen besonders guten Vibe. Wahrscheinlich bräuchte man ein bisschen mehr Zeit dort, aber der Hafen liegt weit außerhalb. Mit dem Rad sind es sechs Kilometer ins Zentrum auf gut ausgeschilderter Fahrradroute. Wir geben uns die viel gepriesenen Gebäude der Stilrichtung Weserrenaissance und den Mindener Dom. Der Dom ist braun und innen unfreundlich. Ich finde immerhin neue Shorts für den Sommer bei Intersport.






Pittoresk ist es am Weserufer. Die Weser kreuzt hier den Mittellandkanal. Südlich des Kanals sieht sie so aus, als könnte man sie allenfalls mit dem Schlauchboot befahren, nicht aber mit einem großen Schiff. Zudem ist die Strömung recht stark. Der Fluss soll aber auch hier schiffbar sein und die Fahrrinne über 2 Meter tief. Irgendwann werden wir das probieren. Die Fachwerkhäuser der Fischerstadt liegen toll da am Weserufer.


Was mir ebenfalls sehr gut gefällt, ist das Preußen Museum am Simeonsplatz, ein klassizistischer Bau aus 1829 und ehemalige preußische Kaserne. Leider ist das Museum aktuell geschlossen und wird grundlegend neu konzipiert.

Auf der Gewässerkarte Edition Maritim Nr 1 ist bei Weser Kilometer 202 nahe der Innenstadt von Minden ein kleines Hafenbecken als Liegestelle für Sportboote eingezeichnet. Wir ziehen in Erwägung, dort eine Nacht zu bleiben, da nahe der Innenstadt und in der Natur. Wir könnten dort grillen, und die Hunde könnten im Fluss baden. Als ich mir die Stelle mit dem Rad vorab ansehen möchte, komme ich nicht über den Stacheldrahtzaun. Es findet gerade eine Manöverübung statt. Einige Schwimmpanzer testen ihre Schwimmfähigkeit. Auch teilt mir der Kommandeur des Verteidigungskreises mit, dass hier von der Schusswaffe Gebrauch gemacht wird. Ich male mir aus, wie wir und die Hunde im militärischen Sperrbereich grillen, ein Bier in der Hand und ab und an eine Arschbombe zwischen den Schwimmpanzern.


Das war vielleicht eine langweilige Fahrt, jedoch umgewandelt in einen unterhaltsamen und lustigen Blogartikel! Mann, die Hafeneinfahrt brächte uns arg ins Schwitzen, schon ohne Wind und Strömung, nicht zu reden von einem durchrasenden Frachtschiff! Ich wünsche ein paar schöne, entspannte Tage. Liebe Grüsse