Drei Tage in Hannover – 15. bis 18. Juni 2019
Hannover kenne ich gar nicht. Der Gatte war vor circa 25 Jahren immerhin schon mal in der Fußgängerzone und am Maschsee. Wir planen daher, an unserem ersten Besichtigungstag den Roten Faden abzulaufen. Das ist nach Auskunft der offiziellen Hannover-Website eine 4.200 Meter lange rote Linie auf dem Pflaster, die zu den 36 wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Innenstadt führt.
Vom Yachthafen aus kommt man bequem mit dem Bus zum Hauptbahnhof, Dauer circa 20 Minuten. Dabei kriegt man netterweise gleich eine kleine Tour durch die List mit ihren tollen Jugendstil- und Gründerzeitfassaden. Noch ehe wir den Bahnhof erreichen, entdecke ich aus dem Fenster eine auffällige grüne Glasfassade. „Guck mal“, sage ich, „hier ist die Kestner Gesellschaft.“ Das ist ein Museum für zeitgenössische Kunst, das auf meiner persönlichen Liste der Sehenswürdigkeiten steht. „Dann lass uns doch hier aussteigen“, sagt der Gatte, und wir springen bei nächster Gelegenheit aus dem Bus.
Das Museum macht gerade auf. Im Moment läuft die Ausstellung „Stairway to Nowhere“ der polnischen Künstlerin Goshka Macuga, von der wir noch nie gehört haben. Vor der ersten Mahlzeit des Tages finden wir das zunächst intellektuell recht anspruchsvoll, aber es saugt uns rasch ein – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Ausstellungsräume unglaublich ansprechend sind.



Nach dem Museumsbesuch wollen wir noch eben das Gehry-Haus in der Goethestraße anschauen, weil wir eh schon in der Nähe sind. Ja, gefällt uns gut. Jetzt ist es aber echt Zeit für einen Lunch. Wir verwerfen das mit dem Roten Faden für heute und machen uns auf in Richtung Leine-Ufer. Auf dem Weg stoßen wir zufällig auf eine arabische Konditorei, die sehr gut aussieht. Wir lieben Baklava und versuchen schon seit Jahren, wieder so gutes zu finden wie damals in dieser famosen Konditorei in Istanbul. Man packt uns welches ein für zu Hause. Und tatsächlich, das war ein Glücksgriff – allein für dieses Baklava lohnt sich der Hannover-Besuch!



Nach einem jedenfalls optisch aufregenden Mittagessen lassen wir uns durch die „Altstadt“ treiben. Von der ursprünglichen Altstadt ist praktisch nichts mehr übrig, aber man hat Gebäude wie zum Beispiel die Marktkirche wieder aufgebaut und drum herum ein kleines Disney-Hannover geschaffen. Die Fachwerkhäuser sind zwar original, standen aber ursprünglich ganz woanders. Trotzdem, ist hübsch. Noch einen Schlenker über das Leine-Schloss, in dem der niedersächsische Landtag sitzt, und dann ab nach Hause zu den Hunden.





Am nächsten Tag ein neuer Versuch mit dem Roten Faden. Vor der Touristeninformation am Hauptbahnhof geht’s los. Es gäbe eine Broschüre käuflich zu erwerben, in der die einzelnen Stationen erläutert werden. Wikipedia tut’s aber auch. Sobald wir um die Ecke sind, reißt der Faden ab und ist nur mit Hilfe von Google Maps wieder zu finden. Also nicht der Faden, sondern die nächste Station: die Galerie Luise, ein angeblich exklusives Einkaufszentrum. Erste Zweifel kommen auf am Konzept des so gehypten Roten Fadens.

Auf dem Pflaster taucht die Linie alle paar hundert Meter bruchstückhaft auf. Wir hangeln uns anhand der vorgegebenen Stationen entlang. Zwischendurch verliere ich den Gatten, weil er von einem riesigen Modelleisenbahnladen verschluckt wird. Als er 20 Minuten später wieder vor mir steht, pfeift er beseelt die Star Wars Melodie vor sich hin. Ganz schwer beherrscht habe er sich, sagt Thomas, und den Bausatz für den Millenium Falken wieder ins Regal zurückgestellt.





Vor dem Neuen Rathaus ist mal wieder nicht zu erkennen, wo es weitergehen soll. Uns lenkt aber eh das faszinierende Gebäude der NordLB ab, das auf der Route nicht enthalten ist. Dann stellt Thomas fest, dass es dort im Erdgeschoss ein Sushi-Lokal gibt (leider grottenschlecht). Danach lockt der Maschsee, und am Anleger steht gerade ein hübsches altes Boot aus der Maschseeflotte bereit. Der zweite Versuch mit dem Roten Faden ist offiziell ebenfalls gescheitert.


„Ja wo soll ich denn hin?“ fragt der Captain auf Thomas‘ Frage nach der Route, und das ist natürlich wahr – der Maschsee ist künstlich erschaffen und hat weder Zu- noch Abfluß. Wir finden, dass eine Bootstour mal was ganz anderes ist, und lassen uns eine Stunde lang um den See schippern. Danach noch einen kleinen Abstecher zum Stadion von Hannover 96, auf dem Heimweg ein kurzer Besuch in der recht netten Markthalle, und dann reicht es für heute wirklich.


Am nächsten Tag ist es mir schlicht zu heiß für Stadt. Thomas radelt unverdrossen los und bringt nach seinem Besuch der Sachsen-Ausstellung (Saxones im Landesmuseum) noch einen kleinen Baklava-Vorrat für die Weiterreise mit. Alles in allem war das leider viel zu wenig Zeit für Hannover. Wir haben so vieles nicht gesehen und würden sehr gerne wiederkommen.


Al Sham, Arabische Konditorei, Goethestraße 10, 30169 Hannover
Train & Play, Modellbauladen, Breite Straße 7, 30159 Hannover https://www.trainplay.de
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